Hochwasser! | << Heumühle |
Ja klar, wer im Flusstal leben möchte, muss damit rechnen, dass sich ab und an das beschauliche Flüsschen auch aus seinem Bett erheben kann. Dieser Möglichkeit galt auch bald nach dem Einzug meine Frage an die alteingesessenste Mühlenbewohnerin, Omi Luft: wie oft gibt es Hochwasser? Die Antwort lautete definitiv: in den letzten 50 Jahren war der Hof nur einmal ein bisschen nass! Damals hatte Packeis zur Schneeschmelze die Brücke verstopft und der Fluss musste sich einen neuen Weg suchen. Und der führt über den Hof der Heumühle... Von 1987 bis 2002 hat sich die Striegis auch an Omis Voraussagen gehalten, aber seit 2002 haben wir recht oft mit dem Hochwasser zu tun. Die Ursache für diese Ereignisse mag etwas mit den Klimaveränderungen zu tun haben, ist aber in erster Linie durch die Verbauung des Talquerschnittes mit dem Damm der Heumühlenstraße verursacht. Wenn dieser Straßendamm den Talquerschnitt für die Striegis und den Ziegelbach nicht künstlich verengen würde, hätten wir viel weniger Sorgen mit den ungeliebten Überflutungen zu tun. Der Stand seit Herbst 2015 ist nun deutlich verbessert, denn der Straßendamm wurde für den Ziegelbach mit einem ordentlich dimensionierten Durchlass ausgestattet und im Bereich der Striegisaue um ca. 40cm abgesenkt, sodass der Rückstau nun geringer ausfallen sollte. Wir werden sehen, aber oft ist es ja so dass dann, wenn man die Vorsorge getroffen hat, lange erstmal nichts mehr passiert. Die Chronik der Überflutungen und der anschließenden Hochwasserschutzmaßnahmen lautet wie folgt: |
|
- Hochwasser am 12. August 2002 | nach oben |
Das Hochwasser des Jahres 2002 hat uns in
der Heumühle, wie viele andere Bewohner der meist harmlosen
sächsischen Flusstäler auch, aus zwar schwer bewölktem,
aber symbolisch fast heiterem Himmel getroffen. Niemand hatte bisher erlebt, dass die Striegis soweit aus ihrem Bett steigt und als reißendes Gewässer das gesamte Tal ausfüllt. Unser Hochwasser begann gegen Mittag des Montag, 12.8.2002, als die Striegis begann, die Auenwiesen zu überfluten. Diesen Wasserstand kannten wir wenigstens schon aus Erzählungen von Oma von gegenüber, hatten ihn aber in unseren 15 Jahren in diesem Tal noch nicht erlebt. Dieser Tag war Sohn Mattis 18. Geburtstag, den er sicher in Erinnerung behalten wird. Gegen 16.00 war bereits unser Hof überflutet und mit steigendem Wasser baute sich eine Strömung auf, die genau auf unsere Haustür zuschoss. Daraus ergab sich vor unserem Haus ein eigentlich höherer Wasserstand als auf dem Hof (ca. 70 cm) und zusätzlich wurden Ölschlieren, Schlamm und Waldbestandteile in unser Erdgeschoss hineingedrückt. Vor Einbruch der Dunkelheit hatten wir noch einen Wellenbrecher aus Nachbars Ziegeln errichtet, der aber gegen 23.00 Uhr wieder weggespült wurde. In der Nacht bekamen wir kein Auge zu und lauschten in die Dunkelheit auf das Wassergetöse um das Haus herum. Über Nacht erodierte das Wasser die Straße am Haus und durchbrach den Straßendamm zur Striegisbrücke auf einer Länge von ca. 10 m. Bis um 3.00 Uhr des Dienstag, 13. August stieg das Wasser, dann zog es sich langsam wieder zurück, sodass am Mittwoch, 14.8.2002, nachmittags unser Hof wieder begehbar wurde und wir mit ersten Aufräumarbeiten beginnen konnten. Am Dienstag hatten wir wenigstens schon den Schlamm aus dem Hausflur gespült. Dies ging insofern ganz gut, als dass am Dienstag noch der Hof unter Wasser stand und wir damit ausreichend Spülwasser zur Verfügung hatten. Die gesamte folgende Woche blieben wir alle zuhause und räumten soweit wie möglich auf und reparierten die Schäden. Obwohl es uns, verglichen mit den Dörfern im Erzgebirge oder den Tälern der größeren Flüsse im Erzgebirgsvorland, recht wenig getroffen hat, hat es noch Monate gedauert, bis alle Schäden am Haus und in der Umgebung beseitigt waren. Hier eine kurze Fotodokumentation: |
|
- 2003: Während eines Sommergewitters überflutet der Ziegelbach Garten und den Hof teilweise. Sohn Matti ist allein zuhaus (Elternteile im Urlaub) und muss allein den Hundezwinger entschlammen und die Erosionsrinnen des Hofes einebnen. | |
- 2006:
Der bis Anfang April liegen gebliebene Schnee taut am 5.
April bei Sonnenschein und Temperaturen von 18°C schlagartig
weg, was die Flüsse entsprechend mit Schmelzwasser beaufschlagt.
Die Striegis erhebt sich, anfangs langsam, dann sehr schnell
aus ihrem Bett und füllt die Auenwiesen mit Wasser. Der
Straßendamm verhindert dessen Abfluss, das Wasser steigt
bis in Hofmitte und strömt durch Tiffys Hundezwinger unseren
hinteren Garten. Dort steht das Wasser im Bereich des Hundezwinger
ca. 0,5 m hoch. Das Gemeine ist: der Scheitelpunkt der Flutwelle wird erst nachts gegen 23:00 Uhr erreicht. Bis dahin hat man das große Zittern und läuft aller paar Minuten gucken, wie hoch die Brühe schon steht. Die Schäden sind schnell behoben, da es nicht viel Strömung gab, ist auch wenig Sediment mitgekommen und das Entschlammen des Hundezwingers ist nach einem Tag erledigt. |
|
nach oben | |
- 2007:
Zwei aufeinander folgende schwere Gewitter bringen am Abend
des 15. Mai soviel Wasser auf den bereits von vorhergehenden
Niederschlägen durchfeuchteten Boden, dass kaum noch Wasser
aufgenommen werden kann und fast der gesamte Starkniederschlag
oberirdisch abfließt. Oberhalb der Heumühle befindet sich im Einzugsgebiet des Ziegelbaches ein riesiges Maisfeld mit noch sehr kleinen Pflanzen. Das heißt: rinnenförmig profilierter Ackerboden, kein Rückhaltevermögen durch Bewuchs. Was sich dann den Ziegelbach hinunter wälzt, besteht nur zu ca. 60% aus Wasser, der Rest ist feinster Ackerboden. Für diese Menge zäher Brühe ist der Straßendurchlass des Ziegelbaches nicht dimensioniert, sodass der Großteil der beiden Schlamm/Wasser-Wellen sich durch unseren Garten, den Hof und wieder den hinteren Garten samt Hundezwinger ergießt. Ich (Micha) bin mal wieder nicht da, aber Frau kann von der ersten Flutwelle noch ein paar Bilder machen. Von der zweiten Welle am späten Abend bleiben am folgenden Tag nur die abgelagerten Schlammschichten zu dokumentieren. Der abgelagerte Schlamm wird in den nächsten Tagen mit Hilfe des Bauern, dem das Maisfeld gehört, René vom Reitverein, Matti und durch uns per Lader, Traktor und HD-Reiniger entfernt. Im Bereich des Gartens kann in größeren Bereichen nur noch neuer Mutterboden aufgetragen werden, der Schlamm ist schon zu fest geworden, um ihn noch lösen und abtransportieren zu können. Der Hof bekommt eine neue Splittbeschichtung, das Planieren übernimmt unser damaliger Reitvereinsvorsitzender Dirk Heymann persönlich. Die kahlen und lehmigen Stellen im Garten und auf dem Hof halten sich den ganzen Sommer hindurch und werden wohl erst im nächsten Jahr ganz verschwunden sein. Ach ja: und Nachbars hatten plötzlich Mais im Garten |
|
nach oben | |
- Hochwasser
vom 2. bis 4. Juni 2013: Dieses Hochwasser wurde wieder als Jahrhunderthochwasser bezeichnet - das vorige lag gerade 11 Jahre zurück. Die Großwetterlage war die gleiche wie 2002, ein Tief pumpte warme und feuchte Meeresluft aus dem Mittelmeerraum nach Mitteleuropa, wo sie auf kühle Atlantikluft traf und sich bevorzugt im Nordstau der Mittelgebirge abregnete. Der Mai war bereits kühl und sehr feucht gewesen, die Wassersättigung der Böden hatte Rekordwerte erreicht. Dann folgten noch mehrtägige starke Regenfälle und lösten dieses Hochwasser aus. Bezeichnend war diesmal, dass es mehrere Spitzen des Wasserstands gab. So war die erste Spitze in der Nacht vom 2./3. Juni erreicht, danach fiel das Wasser leicht bis zum Morgen. Am Vormittag des 3. Juni verstärkte sich der Regen aber wieder und diese Verstärkung setzte sich sofort in einen steigenden Wasserspiegel der Striegis um - ein Zeichen dafür, dass es nirgends mehr Puffer gab, der Niederschlagsspitzen hätte abfangen können. Der Regen ließ dann am 2. Juni langsam nach und endete am 3. Juni. Ab dem 4. Juni war der Hof wieder begehbar und wir konnten beginnen aufzuräumen. Für uns war die Bilanz weniger dramatisch als 2002, denn der max. Wasserspiegel dieses Hochwassers lag 51 cm unter dem von 2002. Weiterhin hatte unsere Freiwillige Feuerwehr uns Sandsäcke geliefert, die zwar nicht wasserdicht sind, aber doch Schlamm und sonstiges Treibgut aus dem Wasser herausfiltern, sodass die Reinigungsarbeiten im Haus schnell beendet waren. Der max. Wasserspiegel im Haus lag bei 5cm - und das auch nur in den sehr tief gelegenen Räumen wie Vorhaus und Waschküche. Und vor allem: wir kannten uns nunmehr aus, waren vorbereitet. Alle beweglichen Güter waren zuvor in höhergelegene Räume gebracht oder auf Böcke und Tische gestellt worden, sodass wirklich nur Fußböden und Bauteile nass wurden, die eine Wässerung über einen Tag verkraften. Die meiste Arbeit gab es im Garten und auf dem Hof. Doch auch hier weniger als vor 11 Jahren, denn 51cm weniger Wasserstand heißen auch deutlich weniger Strömung, sodass diesmal keine Schlammschichten entsorgt und Erosionsrinnen geschlossen werden mussten. Im Nachbarhaus, dem Hauptgebäude der Heumühle, waren die Schäden deutlich größer, denn hier liegt das Erdgeschoss tiefer als unseres und wird auch fast vollständig zu Wohnzwecken genutzt. Omi Lufts Wohnung stand also wieder 10cm hoch unter Wasser, worunter eingebaute Möbel, Türen, Wandverkleidungen, Elektrik usw. stark gelitten haben. Zum Hochwasser 2002 war Omi Luft 80 Jahre alt, beim diesjährigen war sie 91 Jahre alt... Was dieses Hochwasser gezeigt hat: - Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass man mit solchem rechnen und sich darauf einstellen muss. Nicht nur einmal in hundert, sondern einmal in 10 Jahren. - Der Straßendamm der Heumühlenstraße hat wieder perfekt als Staudamm gewirkt - auf dessen Wasserseite leider die Heumühle steht. Ein Brief an den Herrn Landrat mit der Beschreibung der Situation und Bitte um Abhilfe durch ausreichend Durchlässe im Damm wurde geschrieben. Wir werden sehen was und wann sich tun wird. Wenn sich wieder nichts tut (2007 hatte ich Gleiches bereits an das Straßenbauamt geschrieben), werden wir diesmal lauter werden müssen. Die Fotos 2013 ähneln sehr denen von 2002: |
|
nach oben | |
- Hochwasserschutzmaßnahmen
2015: Mein nach dem Hochwasser 2013 mit dem Landratsamt geführter Schriftwechsel, der auch Unterstützung durch die Gemeinde Striegistal erfuhr, mündete dann in eine Zusage des Landratsamtes, dass im Rahmen der fördermittelfinanzierten Schadensbehebungen zum Hochwasser 2013 auch Ertüchtigungsmaßnahmen des Straßendammes der Heumühlenstraße durchgeführt werden, die unseren Wünschen nach mehr Hochwasserschutz genügen würden. Jeder, der sich mit der Vergabe von Fördermitteln zur Hochwasserschadensbeseitigung etwas auskennt weiß, dass damit keine Hochwasserschutzmaßnahmen finanziert werden dürfen - aber hier habe ich mein Bürgerbewusstsein dem Eigennutz untergeordnet und nicht protestiert... Und tatsächlich ist es den Verantwortlichen dann gelungen, die Baumaßnahmen zum Hochwasserschutz dann so in das Schadensbeseitigungskonzept hineinzufabulieren, dass es der Fördermittelvergabeprüfer es nicht gemerkt hat oder auch nicht merken wollte. In die Planung der Maßnahmen waren wir ein wenig mit einbezogen, u.a. weil z.B. unser unterirdischer Mühlgrabenverlauf einen rätselhaften Verlauf hat und man gern unsere Mithilfe bei der Erkundung genutzt hat. So, was wurde letztlich getan?:
Der
Ziegelbach hat nun statt dem bisherigen 40cm-Rohr einen
ordentlichen quadratmetergroßen Durchlass durch den
Straßendamm, eine Überschwemmung durch Rückstau sollte
hier nicht mehr auftreten.
Unser
unterirdischer Mühlgraben, der ein uraltes trocken gesetztes
Gewölbe war und der jahrelang auch dem schwerer gewordenen
Verkehr der jüngsten Vergangenheit getrotzt hatte, wurde
durch ein solides 1000er Betonrohr ersetzt.
Wir müssen also zusätzlich nicht mehr befürchten, dass unsere Hütte einstürzt, weil der Mühlgrabentunnel unter der Straße eines Tages doch nachgibt. Diese Angelegenheit hatten wir gar nicht gefordert und die hatte auch rein gar nichts mit der Behebung von Hochwasserschäden zu tun... Übrigens ist jetzt auch klar, dass der Tunnel nicht unter unserem Haus entlang führt, sondern ganz ganz knapp daran vorbei. Wahrscheinlich sind dort an der Ecke der Hofeinfahrt (wo auf dem Foto der Bagger steht) die Tunnelwand und die Hauswand ein gemeinsames Bauwerk.
Im
Zuge der Straßenerneuerung wurde der Straßendamm in
einem relativ schmalen Bereich um bis zu 40 cm abgesenkt.
Das wird die nächste Hochwasserwelle nicht vollständig
durchleiten, aber mehr war nicht zu machen, denn die
Fahrbahn muss ja befahrbar bleiben.
Einen deutlichen Ruck verspürt man jetzt schon, wenn man zu schnell durchs Tal fährt.
Der weitaus größte Teil der Bauarbeiten betraf aber
die Schadensbehebung an der Striegisbrücke, hier wurde
ein komplettes Widerlager ausgetauscht. Auch wurde zum
Schutz der Brücke vor Unterspülung die Sohlschwelle,
d.h. das Flussbett unter der Brücke, wiederhergestellt.
Dieses war sehr mit Sedimenten verrollt, sodass jetzt
dem Fluss auch ein größerer Durchlass unter der Brücke
zur Verfügung steht, was wiederum die Hochwassergefahr
für uns Anwohner noch etwas vermindert.
Wir Bewohner der Heumühle sind zufrieden und dankbar, dass diese Baumaßnahmen stattgefunden haben. Sie werden bei einem Hochwasser der Größenordnung von 2002 oder 2013 nicht dazu führen, dass wir auf dem Trockenen bleiben, aber sie werden sicher die Lage etwas entspannen. Und 30cm weniger Wasser auf dem Hof bedeuten schon eine Erleichterung und können darüber entscheiden, ob bei Omi Luft wieder die Türen und Schränke zuquellen oder nicht. Folgend noch eine kleine Fotodokumentation der Baumaßnahmen. |
|
nach oben | |