Nürburgring   16. - 18. August 2002
 

Was schon mal belastend war, das war der lange Weg bis in die Eifel! Ca. 600 km Nachtfahrt lagen vor uns, da man auf dem Nürburgring traditionell erst am Freitag morgen das Fahrerlager beziehen darf. Das heißt, man darf schon am Vorabend rein, dann muss man aber die Kleinigkeit von 75 Euro bezahlen, nur dafür, dass man eine Nacht im Fahrerlager verbringt! Wer dann evtl. auch noch einen Wasseranschluss für sein Motorhome braucht, der darf dann noch Gebühren für den Hydranten usw. bezahlen! .... Die blanke Abzocke also. Ich meine, abgezockt werden wir ja überall, aber hier auf dem Nürburgring geht man da mit schlechtem Beispiel voran. So kostet hier die Boxenmiete 330 !!EURO , wohingegen sie auf allen anderen Strecken 260 EURO kostet, was natürlich auch schon viel zu teuer ist. Naja, was solls.

Total ermüdet von der Fahrt baut man dann am Morgen den ganzen Spaß auf, um dann noch etwas erschöpfter gegen Freitagmittag das erste freie Training zu absolvieren. Beste Voraussetzungen....! Genau wie der Hockenheimring wurde auch hier die Strecke teilweise umgebaut. Wobei ich sagen muss, dass ich die neue Streckenführung sehr gelungen finde. Anspruchsvoll zu fahren und attraktiv für die Zuschauer. Was dagegen nicht so toll ist, ist das Formel 1-gerechte Zuasphaltieren der Kiesbetten. Bei einem evtl. Sturz in einem dieser Bereiche dürfte es Fahrer und Maschine schlecht ergehen. Daran sieht man aber, dass alles getan wird, um die finanzträchtige Formel 1-Riege zu halten. Wir als Motorradpiloten sind da nur Randerscheinungen, die im Verhältnis Taschengeldumsätze bringen.

Um 13 Uhr etwa startete jedenfalls das erste freie Training für mich. Es ging in erster Linie erst einmal darum, die neue Strecke kennen zu lernen, eine gute Linie zu finden und eine passende Übersetzung zu wählen. Dafür nutzten wir auch das 2. Training, das am späteren Nachmittag stattfand. Ich kam mit der Strecke recht schnell zurecht und auch die technischen Belange haben wir gut in den Griff bekommen. Da ich, wegen des guten Schleizresultats, sowieso noch in positiver Rennsportstimmung war, war ich ohnehin sehr optimistisch für das morgige Zeittraining, aber auch der heutige Tag gab Anlass gespannt zu sein! Wir sind diesmal nur zu dritt an die Rennstrecke gereist, was für unser Team sehr ungewöhnlich ist. Im Normalfalle sind wir selten weniger als 10 Leute. Aber auch dies war mal ganz schön, es ging sehr relaxt zu, wahrscheinlich auch, weil im Training alles perfekt lief. Was die Stimmung etwas dämpfte, waren die nach wie vor schlechten Nachrichten vom Hochwasser in der Heimat. Irgendwie bekam man doch ein schlechtes Gewissen, hier seinen Spaß zu haben, während andere gerade dabei sind ihre Existenz zu verlieren. Blöde Situation, ehrlich! Der Tag klang dann auch eher ruhig aus. Wir hatten uns aber auch den Schlaf verdient. Ach so ja, da gab es noch eine Sache, die beinahe ins Hemd gegangen wäre! Und zwar sind wir am Abend Essen gewesen in einem kleinen Ort, nahe der Rennstrecke. Auf der Heimfahrt knallte Watte dann saftig eine Türe des Autos zu, mit dem wir gerade heimfahren wollten...blöd, dass Hexe gerade seine Hand zwischen Tür und Angel hatte! Um ein Haar hätte Watte da unseren Mechaniker ausgeknockt. Aber der Hexe ist halt ein harter Hund und hat so getan, als wäre nix passiert! (...ich kann doch hier nicht reinschreiben, dass er total gejammert hat, obwohl nicht einmal was gebrochen war, und noch alle Finger dran waren!...) hihi

Der nächste Morgen war dann wieder schneller da, als uns lieb war. Um 9 Uhr und Minuten war schon das 1. Zeittraining angesetzt! Da es am Himmel aussah als würde es wieder ein sehr heißer Sonnentag werden, ist so eine frühe Trainingszeit natürlich noch recht angenehm, sowohl für Fahrer wie auch für das Motorrad. Die Zweitaktmaschinen laufen ja bei etwas kühleren Bedingungen bekanntlich etwas besser als bei so großer Hitze.

Da wir das Motorrad wie immer schon am Vortag fix und fertig vorbereitet hatten, gab es nix weiter zu tun, als die Reifenwärmer anzustecken und einen Blick auf die Wetterstation zu werfen, um eine evtl. Umbedüsung der Vergaser zu entscheiden. Fürs Training hatte ich, wie so oft, nur gute gebrauchte Reifen zu Verfügung, die aber einen noch recht vernünftigen Eindruck machten. Es ist trotzdem irgendwie ein blödes Gefühl, wenn man dann die anderen Fahrer mit schönen neuen Slicks rausfahren sieht und eigentlich weiß man genau, dass es richtig gewesen wäre, neue Reifen montieren zu lassen! Das Blöde ist halt, das sich beim Fahren ein großer Teil im Kopf abspielt. So ist es natürlich nicht von Vorteil, wenn man schon ein ungutes Gefühl wegen etwas verschlissener Reifen hat...
Naja, wie auch immer. Es ging dann raus zum 1. Zeittraining und ich hatte mir vorgenommen schon in diesem 1. Training eine gute Zeit zu erkämpfen. Denn wenn es am Mittag, wenn unser 2. Training stattfindet, noch heißer wird, laufen die Motoren schlechter und es ist natürlich auch physisch anstrengender. Das Motorrad lief ausgezeichnet, und auch die Übersetzung passte perfekt. Ich fuhr weitestgehend im Alleingang meine Runden. Etwa zu Mitte des Trainings schaute ich das erste Mal auf die Boxentafel um meine momentane Platzierung zu erfahren. Ich war etwas überrascht, als mir dort ein 8. Platz angezeigt wurde. Von hier an wusste ich, dass ich heute ein gutes Ergebnis erzielen kann! Ich lauerte auf einen schnelleren Fahrer um mich vielleicht etwas ziehen zu lassen und so eine noch bessere Rundenzeit erreichen zu können, aber irgendwie klappte das nicht so reicht. Ich fuhr das Training dann im Alleingang weiter und konnte mich etwa 10 min vor Trainingsende mit einer guten Runde au die 5. Position verbessern. UNGLAUBLICH!! Allerdings befürchtete ich, dass ich zum Trainingsende dann wieder etwas zurückgereicht werden könnte, da die meisten Fahrer am Schluss des Trainings ihre schnellsten Runden fahren.
Ich versuchte auch noch eine optimale Runde zu finden, was mir ganz am Ende der Trainingssitzung auch gelang. In der allerletzten Runde konnte ich meine bis dahin gefahrene Bestzeit nochmals um 0,2 sec. verbessern. Und es hat sich gelohnt, ich konnte meinen 5. Platz behalten, eine Sensation für unser kleines Team. Bei einem Blick auf den Zeitenzettel vom Training konnten wir sogar mit Genugtuung feststellen, dass der 6. Platzierte über einer halben Sekunde hinter meiner Zeit zurückliegt! Wie gut so etwas auch fürs Selbstvertrauen ist, kann sich sicher jeder vorstellen!
Aber das war ja erst einmal das 1. Zeittraining und das 2. hatten wir ja noch vor uns. Wir bereiteten das Motorrad wieder vor und es gab keinerlei technische Probleme, welche wir hätten abstellen müssen. So blieb mir etwas Zeit und ich ging zu dem neuen Streckenabschnitt, um mir anzuschauen, wie die Piloten der anderen Klassen, die Kurvenpassagen angingen. Speziell die 1. Kurve nach Start und Ziel ließ einige Varianten zu, welche davon die schnellste ist, galt es herauszufinden! Als es dann für uns wieder losgehen sollte, gab es dann auch wieder die obligatorische Ölspur, die, wie so oft vor dem 2. Zeittraining, von einem der zahllosen 4-Takteimer gelegt wurde. Jetzt dürft ihr auch noch raten, so sich die Ölspur befand!? Genau, in der ersten Kurve nach Start und Ziel, eine der Schlüsselstellen dieser Strecke. Prima!! In der ersten Runde unseres Trainings fuhr ich erst einmal behutsam diese Stelle an, es gab am Kurveninneren eine schmale Stelle, die nicht verschmutzt war, das war dann der unumgängliche Weg durch diese 1. Kurve. Die Hitze ist auch extremer geworden, alles in allem nicht die besten Bedingungen um seine Zeit zu verbessern. Ich versuchte zwar gleich zu Anfang, wieder ein schnelles Tempo zu gehen, aber 
so richtig gelingen wollte mir das nicht. Auch mein Gefühl für das Hinterrad war nicht das beste und nach einigen derberen Rutschern ließ ich es erst mal etwas ruhiger angehen. Anscheinend hatten aber fast alle Fahrer Probleme, ihre Rundenzeiten zu verbessern, und so konnte ich doch tatsächlich meinen 5. Startplatz behalten!!!! Das war der Hammer, so weit vorne stand ich bei einem 250er IDM-Lauf noch nie. Es war auch Klasse, wie viele andere Piloten mich dazu beglückwünschten.
Nun wurden erst mal ein paar SMS-Nachrichten mit der freudigen Nachricht versandt, ein gut gekühltes Freiberger getrunken und einfach eine halbe Stunde ausgespannt. Inzwischen war auch Besuch angekommen. Stölzi, ein ehemaliger Klassenkamerad und sehr guter Freund, kam mit ein paar seiner Freunde aus Kassel zum Nürburgring. Ich hatte mich darüber eh schon mächtig gefreut und dass nun auch das Trainingsergebnis den entsprechenden Rahmen bildete, war natürlich besonders Klasse! Dann ging es nach dem gewohnten Fahrplan weiter.... Motorrad Tip-Top vorbereiten, etwas zum Abendbrot essen und den Abend mit Wein/Weib und Gesang ausklingen lassen. Das sagt man natürlich nur so! Die Realität sieht nicht ganz so feudalistisch aus, aber wir hatten riesig Spaß und die beiden Teamchefs vom PIRATE und dem schwedischen MHR Roadracing Team haben sich zünftig verwandelt! Das Watte dann auch noch einen anderen Witzebaron kennen lernte, und sie sich gegenseitig die Schenkelklopfer erzählten, war die Krönung. Irgendwie muss man sich dann doch dazu zwingen, nicht die ganze Nacht durchzumachen. Die meisten der anderen Piloten sind eh längst im Bett... nur beim Kehrer Team wurde auch noch gefeiert. Eigentlich hatten wir da auch noch eine Einladung, aber sorry, ich war platt und vor allem war kein Ende in Sicht! 1.00 Uhr ging es ab in die Koje!
Ich freute mich noch ein paar Sekunden über meinen 5. Startplatz und stellte mir vor, wie ich denn morgen so hinter Christian Gemmels Maschine stehen würde, mit beinahe dem gesamten Feld im Rücken!!!!....Schnarch!
Der nächste Morgen begrüßte uns wieder mit einem strahlend blauen Himmel, der bestes Rennwetter prophezeite. Noch hundemüde schlichen wir zum Motorrad und steckten erst mal die Reifenwärmer an, denn das Warm up startete mal wieder extrem früh. Watte war noch zu breit, um davon was mitzubekommen.
Das Warm up selbst lief eigentlich recht ordentlich, nur hatte ich das Gefühl, dass das Motorrad auf der Gegengerade zum "Vedol-S" nicht so richtig ausdrehte. Ich machte mir aber weiter keine Gedanken, da die Zeit recht ordentlich war und schob es auf evtl. Gegenwind, dass die Honda nur bis ca. 12800 drehte.
Da mein Vorderreifen schon mächtig böse aussah, organisierte ich mir noch einen guten Gebrauchten für das Rennen. Ansonsten war ich sehr optimistisch für das 15 Runden lange Rennen!... Es war richtig komisch, erst durch das gesamte Starterfeld zu fahren, bevor man auf seinem Startplatz ankam. Ich war seltsamer Weise kaum aufgeregt und machte mir auch keine Sorgen, ob denn der Start klappen würde oder nicht. In Schleiz hat der Start super geklappt, warum sollte das hier anders sein. Schnell noch die "Warm up Lap" abgespult, dann wurde es ernst!
Die Ampel schaltete um und ich kam wieder gut weg. Es ist zwar auf dem Nürburgring ein recht weiter Weg bis zur ersten Kurve, aber ich konnte mich trotzdem als 7. einreihen und das Rennen im Vorderfeld aufnehmen. Es dauerte allerdings nicht lange, und ich wurde von mehreren Piloten überholt! Die Honda ging einfach auf den Geraden nicht optimal. Was mir im Warm up schon aufgefallen war, trat auch jetzt wieder auf, das Motorrad drehte nicht wie sonst. Ich war auf den zwei Geraden dann immer leichte Beute für die Konkurrenz. Ich gab mir zwar extreme Mühe, aus den Kurven heraus zeitig ans Gas zu gehen, um möglichst viel Schwung mitzunehmen, aber es nützte alles nichts... auf den Geraden passierte es dann wieder und wieder. Manchmal konnte ich in den Kurvenpassagen kontern, aber auf der nächsten Geraden war ich wieder fällig! Ärgerlich! Ich habe wirklich gekämpft und wäre einige Male durch böse Rutscher fast gestürzt. Am Ende konnte ich noch als 12. die Ziellinie überfahren und da noch 2 Gastfahrer vor mir platziert waren, kassierte ich 6 Punkte für den 10. Rang. Eigentlich nicht zu schlecht und im Normalfall hätte ich mich auch sehr darüber gefreut, aber in Anbetracht des 5. Startplatzes hatte man insgeheim doch mehr erwartet!
Alles in Allem trotzdem eines der schönsten Rennwochenenden, die ich je hatte und ich konnte zumindest ansatzweise zeigen, wozu ich fahrerisch in der Lage bin, wenn alles einigermaßen funktioniert... und das ohne Schaltautomat, mit alten Reifen und Uraltkolben im Motor!!! Jetzt gegen Ende der Saison ist es echt bescheiden, was die finanziellen Möglichkeiten angeht. Und ich appelliere hiermit nochmals an alle Sponsoren, vielleicht noch einmal für die letzten 2 Rennen der Saison einen kleinen Zusatzobolus zu spendieren! Für gute Leistungen von Fahrer und Team!
Wir könne sowieso nur beten, dass die Kurbelwelle bis zum Ende durchhält, ansonsten sieht es echt mau aus. Ersatz ist leider aus Geldmangel keiner da. Eigentlich läuft es aber erst jetzt so richtig und die Ergebnisse der letzten 2 Rennen sprechen für einen starken Saisonabschluss! Ich glaube, dass bei den letzten 2 IDM Läufen noch einiges drin ist für uns, es wäre Sch.... schade, wenn des Geldes wegen vorzeitig abgebrochen werden müsste!

In diesem Sinne.....Ciao Rico!