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15. Tag, 10. Juli, Ostsee, Zeltplatz Meschendorf bei Kühlungsborn 

Der Tag der Stürme.
Das Frühstück in Mutter Schneider's Küche zieht sich erwartungsgemäß bis halb elf, dann verabschiede ich mich herzlich von meinen Gastgebern und zockele, das Kajak auf dem Rolli im Schlepp, wieder über die alte Lindenallee zum Strand der Wohlenberger Wiek.
Ich befinde mich im ausrüstungstechnischen Idealzustand: Wäsche und Handtücher gewaschen (Mutter Schneider), rasiert, sauber, alles trocken, alle Akkus der verschiedenen Bordelektroniken geladen, zusätzliche Fresstüte mit Obst im Cockpit (Mutter Schneider).
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Es weht ein sehr lebendiger Südwest, der Himmel sieht eher optimistisch aus. Und vor allem: der Südwest ist haargenau Rückenwind, denn der Kurs entlang der Küsten der Halbinseln Poel und Wustrow fährt in nordwestliche Richtung. Entsprechend schnell bin ich unterwegs, Timmendorf auf Poel ist um 13 Uhr zur Mittagspause erreicht.
Die Wellenbildung im freien Seebereich zwischen der Wohlenberger Wiek und Poel war schon beachtlich und verlangte einige Aufmerksamkeit.

An der Küste von Poel entlang scheint sich der Wind etwas zu beruhigen, denn es fährt sich nun besser. An den Küsten der gesperrten Halbinsel Wustrow (ganz früher Flakschule, dann waren die Russen drauf, jetzt ist die Halbinsel an einen Investor verkauft und immernoch gesperrt) frischt der Wind wieder deutlich auf, auch dreht die Küste stärker in den Wind, sodass er für mich den Rückenwindcharakter verliert und das Boot mehr backbords erwischt.
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Ich habe ordentlich zu ackern, ich kann die anrollenden Wellen nicht mehr überblicken, da sie zu hoch sind, das erhöht nicht gerade das Sicherheitsgefühl. Ich muss mich aber von der Küste fernhalten um nicht in Flachwasserbereiche zu gelangen, wo die Wellen zu brechen beginnen.
Vor Rerik geht die Küste etwas aus dem Wind, es nähert sich zudem deutlich sichtbar ein Gewitter, also mache ich Pause. Das Anlanden ist auf dem verblockten Strand nicht so einfach, da die Brandung recht heftig ist. Das Ablanden, wie sich später zeigt, wird noch etwas schwieriger.

Ich warte dann an diesem öden Gestade, das durch die Flakschulenvergangenheit geprägt ist und Reste von altem Beton und total zerfressener Spundwände zeigt, drei Gewitter ab, die in ununterbrochener Reihenfolge heranziehen. Nach dem 3. Gewitter befindet sich zwar schon das 4. in der Einflugschneise, aber nun reicht es mir, denn der Zeltplatz ist nur noch ein paar Kilometer entfernt. Der Wind hat wie immer nach Gewittern etwas nachgelassen und es wird kühl bei der Herumsitzerei.
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An Rerik vorbei geht es ganz gut, auch die folgenden Kilometer sind zwar sehr bewegt zu fahren, aber beherrschbar.
Der Zeltplatz ist bereits in Sichtweite, da wirkt sich das 4. Gewitter aus und irgendwie muss sich hier auch eine Sandbank weiter in die See hinein erstrecken: der Wind frischt auf, um mich herum beginnen plötzlich überall Wellen zu brechen, die höher sind, als ich in meinem Kajak sitzend groß bin. Damit besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie mich beim Brechen umwerfen können. Ein paar Brecher reite ich noch ab, dann entschließt sich eine Welle, genau unter mir zu brechen, sie wird plötzlich ganz spitz, überall ist nur noch weiße Gischt, die nichts trägt und an der man sich nicht abstützen kann und dann habe ich den ersten Schwimmer meiner Paddlerlaufbahn.
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Ich bin unter Wasser sofort aus der Luke, bekomme das Boot zu fassen, sichere meine Isomatten-Rückenlehne (frisch repariert!) und den Tagessack, der immer im Fußraum des Cockpits liegt und nun von den Wellen aus dem Boot gespült werden könnte. Ich befreie mich noch von der Schnur, mit der das Paddel am Boot festgebunden ist und die sich mir um die Beine gewickelt hat.
Jetzt verhake ich den rechten Arm in der Sitzluke des Kajak und strampele los in Richtung Ufer, an welches uns die Brandung aber ohnehin spülen wird. So schwimme ich bestimmt eine Viertelstunde und lasse noch einige Brecher über mir zusammenschlagen, wobei mir das Kajak immer gegen den Kopf knallt. Strafe muss eben sein.
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Soweit es geht, versuche ich den Felsblöcken am Strand der Steilküste auszuweichen und dann habe ich wieder Grund unter den Füßen.
Ein Strandwanderer hilft mir, das Kajak aus der Brandung auf den Strand zu ziehen, an mir hängt die Paddeljacke wie ein Wassersack, irgendwelche Hohlräume und Taschen müssen voll Wasser stehen.
Zusammen tragen wir die schwersten Packsäcke und das Zelt zum Zeltplatz, natürlich, nicht ohne zuvor ein Foto von mir Glückspilz zu schießen.

Ich baue dann schnell das Zelt auf und ziehe mir trockene Sachen an, dann gehen wir noch einmal gemeinsam los und ziehen das nun schon leichtere und vor allem wasserentleerte Kajak per Bootswagen auf den Zeltplatz, der hoch oben auf der Steilküste liegt.
Während des restlichen Teils des Abends bringe ich meine Sachen in Ordnung, außer den 8 EUR- Bootsschuhen fehlt nichts, fast alles ist völlig trocken. Natürlich bis auf die Sachen, die ich anhatte, die schaukeln jetzt draußen im Abendsturm auf der Leine und werden von den Regenschauern gespült.
So muss das aber sein, dass man einen Umfaller ohne Folgen übersteht. Ich muss mir nur angewöhnen, dass ich den Tagessack mit Brieftasche, Handy, GPS usw. im Boot anbinde, denn im Falle des Falles kommt der natürlich ins Schwimmen und kann durch die offene Luke davonschwimmen.
Für morgen sagt der Seewetterdienst Hamburg für Nord- und Ostsee Westwinde der Stärke 6 mit Böen 7 voraus, ich scheine also morgen hier auch nicht wegzukommen, da der Westwind voll auf dieser Küste steht.
Dann gehe ich eben wandern.
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