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17. Tag, 12. Juli, Ostsee, Zeltplatz Börgerende 

Der heutige Tag bestand aus mehreren verschiedenen Etappen. Die erste beginnt mit dem Weckerklingeln früh um 6 Uhr, um halb 8 trabe ich mit dem Kajak im Schlepp über die morgendlichen Mecklenburger Felder, nachdem ein Blick über den Steilküstenrand wieder nur zeigte, dass es hier bei diesem Wellengang mit einem bepackten Kajak unmöglich sein würde, urlaubsmäßig unterwegs zu sein. In Badehose, Schwimmweste und ohne Gepäck könnte man da draußen sicher viel Spaß mit dem Kajak haben, aber so ... HyperLink
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Nach 7 km Kajaktreideln gibt es in Kühlungsborn beim Bäcker erst einmal Kaffee und Kuchen, danach erstehe ich noch einen neuen Stift für die Tagebuchführung. Wie so oft auf Reisen, gibt mein Tagebuchstift den Geist auf.
Ich bin jetzt mitten im Kurort, der, zumindest was die zentralen Küstenbereiche angeht, in den letzten Jahren völlig neu gebaut oder zu saniert zu sein scheint. Ich schreite zum Kurstrand und erwarte das ruhige Wasser vom Vortag - aber es pfeifen dicke Brandungswellen auf den Strand und die See dahinter sieht auch nicht viel bekömmlicher aus.
Es muss daran liegen, dass der gestrige West wie angekündigt auf Nordwest gedreht hat, da nutzt dann auch der hier günstigere Küstenverlauf nicht mehr so viel.
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Da stehe ich also mit dem Kajak in der Hand auf der Promenade von Kühlungsborn und werde bereits von Touris interviewt, ob ich damit etwa auf der Ostsee ... bei dem Wetter ... von wo kommst du schon ... usw.
Kurz gesagt: ich muss da rein, ich kann die Massen nicht enttäuschen und hier wieder unverrichteter Dinge abziehen.
Ohnehin habe ich keine Lust, nach dem Fußmarsch von heute morgen nun noch weiter zu zockeln. Ich mache also den Kahn und mich startklar, eine gerührte Touristin schenkt mir noch 2 frische Brötchen vom Hotelbuffet, die sie eigentlich an die Möven verfüttern wollte, die ich aber nötiger zu haben scheine. Ich nehme dankend an, denn mit Brot bin ich gegenwärtig etwas eng und vorhin beim Bäcker gab's nicht meine geliebten Vollkornstullen im Folienbeutel.
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Da ich bei dieser Brandung nie ins schwimmende Kajak hineinkomme, ohne dass es mir gleich das Cockpit vollschlägt, stecke ich nur die Nase des Boots in das Wasser, steige ein und mache die Luken dicht. Dann schubse und rucke ich mich den steilen Rest des Strandes hinunter in die Brandung, was wegen des Gewichtes von Boot, Gepäck und meiner Einer so einfach nicht ist.
Nachdem das Wasser mich hat, schmeißt mich die Brandung erstmal etwas hin und her und erzeugt sicher nicht den Eindruck der professionellen Wasserung eines abgekochten Weltumrunders.
Drumherum mittlerweile ca. 15 Touris in Kamerabereitschaft. (Beim nächsten Mal nehme ich auf jeden Fall Flugblätter mit meiner Mailadresse mit, um wenigstens an einige der Fotos zu kommen, die so gemacht werden, wenn es interessant wird. )

Nach einer kompletten 360°-Drehung des Bootes im Hin und Her des Wasserschwalles ( ein beladenes 5m-Boot lässt sich, zumal wenn es in der Brandung an irgendeiner Stelle immer auf Sand sitzt, nicht mal eben wo hin drehen) zeigt endlich der Bug in Richtung See - jetzt oder nie! Ich haue rein, kriege auch das Heck vom Sand herunter und schwimme, dann bohre ich mich durch drei Brandungswellen, deren Salzbrühe mir zum Kragen hineinsickert und fast die Brille wegspült, dann bin ich durch, raus aus dem Brandungsbereich und wieder mal eingepökelt bis in die Haarspitzen.
Ich sehe zu, dass ich in das tiefe Wasser komme, wo die See auch wirklich ruhiger wird, mich der Wind greift, Richtung Osten schiebt und ich endlich mal wieder auf dem Wasser vorwärts komme.

In zyklischen Abständen kommen wie gewöhnlich 3 große Wellen mit > 1m Höhe, die ich dann nicht überblicken kann und die gewaltig am langen Kajak saugen und drehen. In der Nähe von Heiligendamm wird es deutlich ungemütlicher, entweder liegt es an der wieder weiter in den Wind drehenden Küste oder hat der böige Wind aufgefrischt - jedenfalls gibt es zunehmend Schaumstreifen auf dem Wasser, ich habe 2 bis 3 Aha-Erlebnisse und beschließe, das Risiko einer erneuten Kenterung nicht einzugehen und mir den Stress in dieser See nicht weiter anzutun.

Also nehme ich Kurs auf die Küste von Heiligendamm und suche nach einer Mole oder einem Jachthafen, um ohne wiederholte Brandungsorgie anlanden zu können. Aber Fehlanzeige - beides gibt es hier nicht und so halte ich auf ein Stück Strand zu, an dem mir die Brandung nicht so hoch zu gehen scheint. Während der Strandannäherung komme ich an einigen aufrollenden Wellen gewaltig ins Surfen, was wiederum in Badehose und mit leerem Boot gewaltig Spaß bereiten würde. Mir wäre jetzt aber eine weniger rasante, dafür stabilere Fahrweise lieber. Die Surfwellen müssen die drei zyklischen großen Wellen gewesen sein, sodass ich nicht in schäumenden Brechern an Land schießen muss, sondern es nur mit kleinen Wellen zu tun habe.
Als ich auf dem Strand sitze und mich aus dem Boot schäle, tauchen zwei Rettungsschwimmer neben mir auf und fragen, ob sie mir helfen können. Jetzt will ich mich aber auch nicht mehr retten lassen und so laden sie mich wenigstens auf einen Tee in ihren Beobachtungsturm ein, in welchem noch einige DLRG-Mannen und -Damen Dienst tun.
Da sich der heutige Dienst auf Wellen gucken und die Organisation des Mittagessens per Funk beschränkt, besteht ihre größte Furcht vor dem Ausruf des sog. "Turmalarmes", welcher zu Übungszwecken zwei Rettungsschwimmer nötigen würde, in das 14°C warme Ostseewasser zu hüpfen, bis zur Boje hinaus und wieder zurück in 4 Minuten zu schwimmen. Und diese Zeitvorgabe ist schon wegen Wellengang verlängert worden. Übrigens sind die Retter alles Landratten aus Zittau, die in den Ferien hier oben Dienst schieben.

Der Tee ist gut, im Turmstübchen ist es warm und so kann ich mich trocken umziehen. Ich beschließe nun doch, notgedrungen noch 4 km über die Landstraße zum nächsten Campingplatz zu zockeln. Ich verabschiede mich von den Rettern und trabe über die Promenade von Heiligendamm, das lange nicht den totalsanierten Eindruck macht wie Kühlungsborn. Die Uferpromenade säumen eine ganze Reihe stark verblühter Hotels und Villen, die unter Denkmalschutz zu stehen scheinen. Nur wenige Prachtbauten sind bisher hochglanzsaniert.

Gegen Mittag scheint der Wind etwas abzuflauen und ich schöpfe Hoffnung. Ich mache Rast am Straßenrand und esse die gespendeten Hotelbuffetbrötchen, sogar mit Körnern! Die den Wind betreffende Hoffnung schwindet aber bald, er legt wieder zu und erreicht am Abend eine ganze Weile bestimmt die angesagte Stärke 8 in den Böen und pfeift auch jetzt, um 22 Uhr, ungebrochen mit 6 aus West. Soeben kommt die Windvorhersage: westliche Ostsee West bis Nordwest 6, Böen 8. Wenn das so weitergeht, werde ich wohl auch noch morgen hier sitzen.

Der Zeltplatz ist der durchorganisierteste von allen bisher besuchten: Klobenutzung nur mit Codekarte, Dusche und Wasserhähne mit Infrarotkontakten, Hotelambiente im Sanitärgebäude, gepflegtes Gelände, des öfteren Hinweise, dass man sich auf Privatgelände befindet und sich entsprechend benehmen soll.
Also nichts mehr mit einfachem Massentourismus auf Plumpsklobasis sondern Komfortstellplätze für umsatzfreudige Wohnmobilisten. Aber auch die Zeltwiese ist Klasse gemacht.