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9. Tag, 4. Juli, Nord-Ostsee Kanal km 24,5
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In der vergangenen Nacht war ich heilfroh, dass ich
ein festes Dach über dem
Kopf hatte, denn der zum Seglerheim umgebaute Bauwagen wackelte im Sturm und
auf das Dach und gegen die Fenster peitschten die Regengüsse.
Der Morgen bringt noch einige Schauer, die mich dazu verleiten, bis halb neun
auf der Matte liegen zu bleiben.
Der Hafenmeister Rainer kommt mich besuchen und bringt zwei Ausdrucke von
Auszügen der Landkarte, die die wichtigsten Teile meiner heutigen Route zeigen:
der Mündungsbereich der Wilster Au in die Stör und in den Nord-Ostsee Kanal,
denn diesen will ich auf diesem Schleichweg ja erreichen.
Von diesem Bereich habe ich keine genaue Karte, denn der Paddelatlas Elbe hat
diese Gegend nicht verzeichnet. So kommen die Kartenausdrucke sehr recht.
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Nun kann ja nichts mehr schief
gehen, ich packe das Boot fertig und gegen 11 Uhr deponiere ich den
Bauwagenschlüssel an der vereinbarten Stelle und steche in die immer noch
ablaufende Stör. Aber die Gegenströmung ist nicht so stark und ich kann doch
etwa 4 km/h Fahrt gegen Land machen. Teilweise schiebt mich der böige und
immer noch starke Westwind voraus, nur selten behindert er mich jetzt, da die
Stör im Wesentlichen Richtung Nordwest verläuft.
Natürlich erscheint pünktlich zum Mittag das erste schwere Gewitter des Tages
und beschert mir mit seinen Güssen einen nassen Hintern, da ich in diesem
stillen Wasser die dichte Spritzdecke noch nicht drauf habe.
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Das Umsetzen in die Wilster Au
ist sehr mühsam, denn die Schleuse ist schon geschlossen. Sie ist nur offen,
solange Wilster Au und die Stör den gleichen Wasserstand haben, also
wahrscheinlich nur bei absoluter Ebbe der Stör. Darum muss ich mein
bepacktes Kajak aus dem Wasser ziehen, die steile Dammböschung empor schleifen,
das Gras auf der Böschung ist verdammt rutschig, auf der Dammkrone zwischen
Geländer und Papierkorb hindurch fädeln und dann aufpassen, dass das Boot nicht
mit Karacho auf der anderen Dammseite den Damm hinunterrutscht und auf der
Straße landet.
Kanuten sind hier nicht vorgesehen, lediglich an der Treppe zum Wasser der Stör
hin gibt es eine rudimentäre Bootsrutsche, die dabei hilft, das Boot aus dem
Wasser zu bekommen.
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Als ich das
Boot wieder den Damm hinunter bugsiert und über die Straße geschleift habe, kommt ein freundlicher
Segler und hilft mir, das Kajak zum Steg an der Wilster Au zu tragen und zu
Wasser zu lassen.
Die Wilster Au ist ein ausgesprochener Wiesenfluss, der fast geländegleich
durch die weite Marschlandschaft mit ihren schönen alten Bauernhöfen fließt.
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Den Nachmittag bestimmen wieder etliche Schauer, aber auch sonnige Momente,
sodass mein verspätetes Mittagessen in einem schauerfreien Moment aus dem schon
wieder deutlich abgemagerten Fresssack fische und dann im Boot sitzend und
langsam vor mich hin treibend aufesse.
Auf der Wilster Au lege ich knapp 20km zurück, wobei ich an vielen wunderbaren
großen, alten Höfen vorbeikomme, die fast alle top saniert, aber unbewohnt
erscheinen. Das wäre doch schade, wenn diese schönen Gemäuer nur als
Ferienhäuser dienen würden. Aber wer weiß, was die Marschbewohner an einem gräulichen Sonntagnachmittag so treiben, dass man kaum einen zu Gesicht
bekommt.
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Der Nord-Ostsee-Kanal kündigt sich an, indem sich plötzlich Schiffsaufbauten
durch die Wiesen schieben. Die Wilster Au ist fast niveaugleich mit dem Kanal,
ihr Wasser wird durch ein Schöpfwerk in diesen hineingepumpt. Der Kanal ernährt
sich aus dem Wasser des Binnenlands, denn er führt im Mittelbereich reines
Süßwasser - selbst gekostet.
Das Übersetzen in den NOK ist kein Problem, ich muss
das Boot nur einige Meter über den den Kanal begleitenden Weg schleifen, bis sich eine geeignete
Einsetzstelle findet. Allerdings hinterläässt das
Schieben des beladenen Kajaks über die scharfkantigen Steine der Uferbefestigung einige rote PE-Späne an den
Steinkanten.
Diese Tour mit ihren vielen Schleifattacken auf den Bootsboden scheint meinem
Boot sehr zuzusetzen. Ich bin gespannt, wie der Bootsboden aussieht, wenn er
wieder unter der Garagendecke hängt.
Auf dem Kanal spule ich dann, geschoben vom Westwind
und einem - na was wohl - Gewitter noch 8 km ab und gehe
dann zur Zeltplatzsuche über. Ein solcher findet
sich, nach einigen erfolglosen Versuchen in einmündenden Nebenflüsschen, an
einer breiteren Stelle der Kanalweges.
Heute wird wohl kein
Kanalaufsichtsführender mehr vorbeikommen und morgen früh bin ich wieder weg.
Zelten am Kanal ist nämlich laut Paddelführer nicht erlaubt.
Leider muss ich im leichten Regen aufbauen, so ist das Innenzelt erstmal klamm,
aber bald wird es gemütlich und während des Abendbrotes kann ich nach draußen
schön Schiffe gucken.
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