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20. Tag, 15. Juli, Mönchgut auf Rügen, Zeltplatz in Gager
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Der letzte Paddeltag.
In der Nacht schlafe ich ein wenig unruhig, weil es wärmer ist als sonst und
weil die kurzen Wellen des Strelasund recht laut auf das Ufer direkt neben dem
Zelt schlagen. Dazu trommelt der Regen in Schüben auf das Zeltdach, wäscht aber
dabei wenigstens den riesigen Mövenschiss wieder ab, den so ein Tier am Abend
noch mitten auf dem Zelt abgeladen hatte.
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Der Morgen ist trüb und
nieselig, sodass auch die Fotos von der schönen Silhouette der Stralsunder
Altstadt und des Hafens nur gräulich werden. Ich durchziehe noch die Kanäle um
den Stralsunder Hafen herum, die eigentlich nur bei hochgeklappten oder
weggedrehten Straßenbrücken erreichbar sind. Aber ich
passe überall darunter
hindurch, mit mehr oder weniger Kopfeinziehen. Da es hier verschärft nach
Fischräucherei duftet, komme ich an einem schwimmenden Fischstand nicht vorbei,
ohne mir ein Fischbrötchen herunterreichen zu lassen.
Zwei angelnden Opis
fummle ich den abgerissenen Angelhaken samt Wurm und Pose aus einem Holzpoller
im Kanal.
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Auf der Bühne am Hafen, die eigentlich ein Schiff ist, wird für die Zauberflöte
geübt und Papageno trällert mit dem Vogelkäfig unter dem Arm von der noch
unfertigen Bühne. Ich schwatze etwas mit zwei weiteren Sängern,
die über die
Reling ihres Theaters hängen und wir wünschen uns gegenseitig gute Fahrt.
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Auf dem Strelasund schieben die Westwinde mich kräftig vorwärts, der
Wellengang bleibt beherrschbar. Nur an der Fähre in Stahlbrode schiebt sich
einiges an Wellengang, Strömung und Fährwellen zusammen, sodass es recht
holprig wird.
Mit Erreichen des Greifswalder Bodden biege ich in Richtung Norden ab, hier
herrscht Windstille an der Küste, die Sonne brennt, FKK-AnhängerInnen wälzen
sich am Strand und plötzlich ist es wieder Sommer. Darum mache ich ebenfalls
Sommerpause mit Fototermin.
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Ab hier lege ich Kurs auf die Insel Vilm, quer durch den Rügenschen
Bodden. Ich muss wieder ziemlich aufpassen, um meinen beladenen Kahn
im Wassergewelle unter Kontrolle zu behalten. Aber ich manövriere bereits in
dem Bewusstsein, dass diese Etappe die letzte dieser Reise ist und ruhig etwas
Würze vertragen kann. Ein besorgter Segler nähert sich mir und brüllt fragend
herüber, ob alles ok ist. Ich zeige ihm den Daumen und er zischt weiter. Aber
eine schöne Geste von ihm.
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In der ruhigen Bucht der Insel Vilm, die ich nach einer guten Stunde Seereise
erreiche, ist etwas Erholung und Apfel essen erforderlich. An Land gehen darf
man hier nicht, denn die Insel is naturgeschütztes Sperrgebiet. Früher gab es
hier ja ein Ferienlager für Erich's Truppe, jetzt nutzt eine
Naturschutzakademie die Insel und lotst einmal am Tag eine begrenzte Menge an
Besuchern durch die wilden Wälder der Insel. Ich habe mir das auch schon einmal
ansehen dürfen.
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Ab hier sind es noch einmal ca.
10 km bis zum Zeltplatz, die sich wie üblich, wenn man sich einem bestimmten
Ort von See her nähert und die Landung herbeisehnt, weil es langsam reicht,
wieder ewig hinziehen. Aber ich habe ja den Wind jetzt im Rücken, da läuft es
fast von allein. Die Landschaft hier ist prächtig, die Steilküsten leuchten in
der Abendsonne. Dieser Teil Rügens mit seinen hohen, zergliederten Küsten und
runden Hügeln gefällt mir sehr gut. Der Zeltplatz ist dann nach 19 Uhr endlich
erreicht.
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Was sofort auffällt: es gibt ein
Seekajakzentrum am Platze! Ich schwatze mit dem anwesenden Chef des
Unternehmens, Thomas Trojan, über die Materie des Seekajaking im
Allgemeinen und Besonderen und kann auch gleich auf seinem Gelände zelten.
Es ist sicher nicht so einfach, die Urlauber in solch schmale und enge Boote zu
bewegen, die Hemmschwelle ist höher als beim Ausleihen eines Ruderbootes oder
offenen Kanadiers. Und am Beginn jedes Ausfluges für Ungeübte
muss zuerst die Paddelerlaubnis mit einigen Übungen erworben werden.
Wer sich interessiert, kann dies alles auf www.seekajakreisen.de nachlesen. |
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Der letzte Abend strengt sich noch einmal an, die Sonne versinkt malerisch
hinter der Takelage der hier im Hafen von Gager liegenden größeren
und kleineren Segler. Viele von ihnen kann man chartern
und sich über die
Rügener Gewässer segeln lassen.
Nun sind die 3 Wochen Seefahrt auch schon vorbei, dies war die
große Paddeltour des Jahres 2004. Wer weiß, wann noch einmal Gelegenheit für eine so lange Seereise sein wird.
Trotz der Widrigkeiten des diesjährigen Wetters war die Tour doch sehr schön
und vor allem abwechslungsreich. Dazu, dass keine Langeweile aufkam, trug
auch die Verschiedenheit der bereisten Gewässer und Küsten
bei. Über drei
Wochen nur einen Fluss hinunter zu paddeln, ist sicher bei Weitem nicht so
interessant.
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Und nicht zu vergessen die, fahrzeugbedingt, zwar
nicht übermäßig häufigen,
aber doch oft netten und offenen Kontakte mit den Mitmenschen am Rande des
Wasserweges, denen man auf solche Weise viel intensiver begegnet als durch das
hochgekurbelte Autofenster.
Morgen holt mich Gitti hier ab und dann geht es wieder zurück in die
Zivilisation.
Vorerst kein Seegang, kein Seewetterbericht, keine 7.000 Paddelschläge pro Tag.
Und vorerst keine Fischbüchsen.
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