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3.Tag, 28. Juni, Elbe Fluss-km 443
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Der Tag des Wetters!
Der Morgen beginnt mit Sonne auf dem Zelt, aber auffrischendem Wind. Mein
leicht erhöhter Zeltplatz mit idyllischem Flussblick ist vom Wind besonders
betroffen, so muss ich beim Zeltabbau flott um das Zeltgestänge samt
flatternder Zeltbahnen tanzen, ehe ich alles im Griff und im Sack habe.
Das Verlassen meiner Übernachtungsbucht bringt einen kleinen Schwung Elbwasser
in die halboffene Sitzluke, denn der Wind bläst bereits stark gegen die
Fließrichtung des Flusses und die sich im Wirbelbereich der Buchten bildenden
Strömungen führen bei dieser Windstärke dort zu ausgesprochenen Kabbelwellen.
Wie ich an der nächsten Bucht vorbeipaddele, noch damit beschäftigt, das
windgeschütztere gegenüberliegende Flussufer zu erreichen, löst sich mein
Paddelkamerad des Vortages vom Ufer und sticht ebenfalls in See.
Er hat also
100m entfernt gezeltet, nun, in solchem Falle hätte man sich abends auch mal
besuchen können, wenn man voneinander gewusst hätte.
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Apropos Übernachtung: beim
gestrigen abendlichen Gang zum Zähneputzen am Elbestrand entdeckte ich etwas
Krabbliges auf dem Strand am Ufer. Im Schein der Stirnlampe entpuppte sich das
Krabbeltier dann als handgroße Krabbe, von denen ich
bisher nicht wusste, dass es sie an der Elbe überhaupt gibt und erst auf dieser Tour häufiger die leeren
Panzer der Tiere gefunden habe. Die Tierchen scheinen aber nachtaktiv zu sein.
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In den nun aufziehenden
Regenschauern paddeln wir gemeinsam weiter in Richtung Tangermünde. Der
Paddelkamerad fährt vor mir, heute haut er richtig rein, und biegt dann
ebenfalls in den Hafen von Tangermünde ein. Und siehe da, auch sein
Wasservorrat ist erschöpft und so lassen wir uns vom schnell herbeieilenden
Wassersportfreund den Wasserhahn im original DDR-Ambiente des Sportlerheimes
zeigen. Echt Linoleum und Spanplatte, es riecht wie früher im Ferienlager.
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Ich habe mir ja einen
Stadtrundgang durch Tangermünde vorgenommen, zumal der Himmel eben wieder
aufklart und die Backsteinmauern der Stadtbefestigung, des Schlosses und des
Domes locken. Paddelkamerad kennt das aber schon vom vorigen Jahr und führt
weiter, nachdem wir noch ein wenig Paddellatein ausgetauscht haben.
Der Stadtrundgang wird wunderbar, Tangermünde ist ein sehr schönes
backsteingotisches Städtchen. Während des Schwatzes mit Einheimischen im
Bäckerei-Cafe (1 Zupfkuchen, 2 Bienenstiche, ein Pott Kaffee) erfahre ich, dass
die Krabben nichts Exotisches sind, wieder häufiger werden und früher gesammelt
und gegessen wurden.
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Nach 2,5 Stunden Landgang sitze ich wieder im Kajak und lasse mich vom
heftigen Westwind in Schräglage bringen. Da die Elbe hier fast nordwärts
fließt, habe ich den Wind nur von der Seite und so ist Wasser im Ohr backbords
angesagt, denn der Wind bläst die Paddelspritzer direkt in den Gehörgang. Da
hilft nur Kapuze drüberziehen.
Am Nachmittag wird der Himmel langsam blauer, der Wind bleibt, der Luftdruck
beginnt zu fallen und urplötzlich schiebt sich ein
Gewitter über die Elbe. Das
Ufer ist gerade günstig, ich verkeile mich in einer geschützten Bucht unter
einem Baum, bleibe im Boot sitzen, ziehe den Kopf ein und wettere so die
Platzregen und Sturmböen ziemlich geschützt ab.
Nach einer guten Viertelstunde ist alles vorbei, der Himmel von größeren
Schafwolken besiedelt, der Luftdruck wieder um 3 hPa gestiegen und die Luft um
5°C kälter.
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Kurz vor Havelberg nähert sich
gut sichtbar das nächste Gewitter, ich lande an und verkrieche mich unter einer
großen Weide. Aber Glück gehabt, ich bekomme nur ein paar Schauer ab, denn das
Gewitter zieht ein Stück weiter nördlich über den Fluss.
Etwa ab Havelberg, nachdem die Havel in die Elbe mündet, biegt der Fluss nach
Westen ab und somit wird der Wind des Tages vom Seitenwind zum Gegenwind. Seit
dem letzten Gewitter hat er noch einmal aufgefrischt, dafür ist aber Himmel
jetzt fast blau. Ich krame zum ersten Mal auf dieser Tour die seetaugliche
dichte Spritzdecke hervor, denn die Wellen werden zusehends höher. |
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Auf den letzten etwa 20km dieses Tages ist dann das
Rauschpaddeln ausgebrochen: Wind von vorn, richtig
Wellen von vorn, die über das ganze Boot
waschen, weil sie vom Wind entgegen der Flusströmung spitz gemacht werden,
Sonne von vorn, die das Wasser wie flüssiges Metall in mannigfaltigen Mustern
und Reflexen glänzen lässt. Diese Etappe ist die Krönung eines komplett
gelungenen Paddeltages.
Das Nachtquartier schlage ich wieder an einem Seezeichen der
Flusskilometrierung auf, da ansonsten keine ebene trockene Stelle zu finden
ist, auf der nicht Kühe herumlaufen. Um ausreichend Platz für das Zelt zu
gewinnen, muss ich noch einen Pfahl des Elektrozaunes einer Kuhkoppel versetzen
und dann beim Zeltaufbau auch darauf achten, mit dem Zeltgestänge nicht auf dem
geladenen Koppeldraht zu landen.
Das Leben kann schon anspruchsvoll sein.
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