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18. Tag, 13. Juli, Bodstedter Bodden, Bodstedt
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Westliche Ostsee Norwest 6, Böen 8.
Also im Osten nichts Neues, die See sieht am Morgen so ungemütlich
aus wie am Abend zuvor. Somit gehe ich den Plan an, der
mir heute Nacht einfiel: Ich lasse mir an der Rezeption
die Nummer des örtlichen Taxiunternehmens geben, an
dessen Anwesen ich gestern abend bereits vorbeigewandert bin. Ich frage an, ob
man ein 5m-Kajak transportieren könne, alles kein Problem, lautet die Antwort.
Also Auftrag: Abfahrt 9.45 hier am Zeltplatz mit Ziel Ribnitz-Damgarten.
Ich packe schnell alles zusammen und kurz nach 10 Uhr starten wir in Richtung
der Bodengewässer, die in Ribnitz-Damgarten beginnen und mich im Schutz der
vorgelagerten Inseln und Halbinseln Fischland, Darß, Zingst, Hiddensee usw.
auch nach Rügen tragen können.
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Nach einer guten Stunde Fahrt und um 67 EUR ärmer (da der Mann auch wieder
eine Stunde zurück fahren muss, ist mit diesem Preis eigentlich nicht einmal
seine Arbeitszeit bezahlt, nicht zu reden von Sprit und Fahrzeugabschreibung)
stehe ich an einem durchaus friedlichen Ribnitzer See.
Auf der Fahrt habe ich mit dem Taxifahrer über alles Mögliche
geredet, denn er ist zugleich Chef seines kleinen
Unternehmens und über alle Vorgänge um
Heiligendamm gut informiert. So erfahre ich, dass der ehemalige Verkehrminister
Günter Krause (der über die "Putzfrauenaffäre" gestolpert ist) aus diesem Dorf
kommt und dort, etwas ruiniert nach irgendwelchen Immobiliengeschichten, jetzt
noch bei seinen Söhnen wohnt,
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dass Heiligendamm nur Hotels der
Kategorie '5 Sterne plus' bekommt, neben dem Kempinski das Berliner Hotel
Athlon die restlichen noch verfallenen Hotels und Villen an der Promenade
gekauft hat, dass es für die Ruine des FDGB-Ferienheimes
"Waterkant", das das Bild der gesamten örtliche Küste verschandelt, verschiedenste verrückte
Planungen gibt usw.
Der Mann ist sehr rührig, hat sich neben den gelben Taxis eine schwarze
E-Klasse für die 5 Sterne-Gäste zugelegt, einen Fahrradtransportanhänger bauen
lassen, auf dem jetzt allerdings mein Boot liegt, und betreibt einige weitere
Aktivitäten rund um den Personentransport in Heiligendamm.
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In Ribnitz-Damgarten inhaliere
ich noch ein Fischbrötchen und stürze mich dann in die Boddengewässer. Zu
Beginn handelt es sich nur um Kinderwellen, die der giftige Nordwest zustande
bekommt. Auf dem Saaler Bodden hat er jedoch mehr Raum auszuholen und in Höhe
Langendamm habe ich am Ostufer einen solchen Wellengang von schräg achtern,
dass ich in den sauren Apfel beiße und gegen den Wind Wustrow ansteuere, um
unter Land Schutz vor Wind und Wellen zu bekommen.
Die Wucht des böigen Gegenwindes zieht mir fast die Arme aus den Scharnieren,
aber langsam nähere ich mich dem schützenden Ufer.
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Ab Niehagen habe ich dann den
totalen Rückenwind, dem ich fast genauso bedingungslos
ausgeliefert bin. Dazu wird hier der Bodden so flach, dass
ich nicht mehr im Schutz des Landes fahren kann und doch
direkten Kurs über den Bodden nehmen muss. Vor dem Wind jage ich
auf die Einfahrt in den Bodstedter Bodden zu.
Vor Born toben die Surfer auf den Wellen und im Wind, ich komme vor den Wellen
auch schön ins Surfen, ich gewöhne mich langsam daran und lerne, mit
schleifendem Paddel die Fahrt zu stabilisieren und zu steuern.
Von Born nach Bliesenrade geht es im D-Zug-Tempo vor dem Wind, auf diesem
kurzen Stück bauen sich nur kleinere Wellen auf und ich kann den vollen Schub
des Windes auf direktem Kurs nutzen.
Auf der Halbinsel von Bliesenrade muss ich
zunächst ein paar Kalorien nachlegen und überlege, was zu tun ist, da der Tag
sich neigt. Auf dem Darß gibt es auf der Boddenseite keine Zeltplätze und hier
wild zelten will ich wegen des Nationalpark-Status dieser Küsten auch nicht.
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Also muss ich auf die
Festlandseite wechseln, wo es in Bodstedt laut Karte einen Campingplatz geben
soll. Beim Absuchen der gegenüberliegenden Küste mit dem Fernglas lässt sich
jedoch nichts entdecken. Egal, ich starte also die Querung des Bodstedter
Boddens und bemerke, dass das Fahren quer zu Wind und Wellengang sehr deutlich
anstrengender ist als das Dahinrauschen vor diesem kleinen Sturm.
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Von Zeltplatz ist weit und breit nichts zu sehen, der Wind hat gerade eine
besonders heftige Phase (Böen 8) und so halte ich auf ein sichtbares
Hafengelände zu, in welches ich bald unter den interessierten Blicken einiger
Dampferfahrgüste auf bockigen Wellen einreite. Einer der Leute macht (sicher
spektakuläre) Fotos von der Aktion, nur leider kommt der Dampfer bevor ich
angelegt habe und der Mann fährt mit.
Ein freundliches Gespräch mit dem Hafenmeister und seiner Gattin ergibt, dass
der gesuchte Zeltplatz nicht am Wasser liegt und ich ausnahmsweise im
Hafengelände zelten darf, immerhin bin ich ja im Schiff unterwegs. Einzige
Bedingung: ich möge keine schmutzigen Lieder singen.
Wenns weiter nichts ist...
Im Windschutz einer Halle baue ich mein Zelt auf, Wasserhahn ist da,
Fotomotive sind auch da, Hafenkneipe wäre da, will ich aber nicht, da es im
Zelt gemütlicher ist. Für heute Nacht hat der Hafenmeister etwas von Windstärke
9 gebrummelt, was vom Deutschlandfunk aber nicht bestätigt wird: er bleibt bei
seiner seit Tagen gleichen Meldung: Nordwest 6, Böen 8.
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